Ene mene muh ... und raus bist du! – Brexit und die Folgen für IP

25.07.2016

Ein wahrscheinlicher Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union (sog. „Brexit“) wird auch unmittelbare Konsequenzen für Unionsmarken, Europäische Designs und andere gewerbliche Schutzrechte in der Europäischen Union haben. Der Beitrag beleuchtet die aktuelle Situation und gibt Tipps, wie man sich als Inhaber von Schutzrechten auf einen Brexit am besten vorbereiten kann.

Zunächst: Noch ist der Brexit nicht Realität. Nach gegenwärtigem Stand ist damit zu rechnen, dass ein Austritt der Briten aus der EU in ca. 2 Jahren anstehen könnte. Nach Art. 50 des EU-Vertrags muss der Austritt spätestens nach 2 Jahren vollzogen werden, wobei allerdings diese 2-Jahresfrist erst beginnt, wenn Großbritannien einen förmlichen Austrittsantrag stellt. Damit ist nach Medienangaben voraussichtlich erst im Herbst zu rechnen, so dass sich der Austrittprozess noch etwas hinziehen könnte. Dennoch: Ein Austritt wird unmittelbare Folgen für angemeldete und eingetragene Unionsmarken haben. Darauf sollte man vorbereitet sein und jetzt schon eine Brexit-Strategie entwickeln. Bis zum förmlichen Austritt ändert sich zunächst aber nichts und alle Unionsmarken und EU-Designs bleiben unverändert bestehen. Es ist aber schon jetzt absehbar, dass die Unionsmarke durch einen Brexit an Attraktivität einbüßen wird, wenn Großbritannien nicht mehr umfasst ist. Ab dem Zeitpunkt des Austritts wären dann allerdings die Unionsmarken in Großbritannien nicht mehr gültig, wenn es bis dahin keine Überleitungsregelungen mit den Briten gibt. Diese könnten vorsehen, dass die zum Zeitpunkt des Austritts eingetragenen Unionsmarken mit Erhalt der Priorität auf dem britischen Territorium weiterhin wie eine nationale Marke gelten. Ob und welche Kosten damit verbunden sind, steht natürlich noch in den Sternen. Eine Umwandlung des Schutzes einer Unionsmarke für Großbritannien in eine nationale britische Marke sieht die Unionsmarkenverordnung (UMVO) nicht vor. Das System der Umwandlung von Unionsmarken nach Art. 112 bis 114 UMVO passt für den Austritt eines EU-Mitgliedstaates nicht. Das EU-Markensystem sieht Regeln für eine automatische Erstreckung im Falle eines Beitritts, nicht jedoch im Falle eines Austritts eines EU-Mitgliedstaates aus der EU vor. Wer jetzt Markenschutz in Großbritannien begehrt, dem ist zu empfehlen, neben einer Unionsmarke auch eine britische nationale Marke anzumelden, um auf Nummer sicher zu gehen. Entsprechendes gilt für die Anmeldung von Europäischen Geschmacksmustern (EU-Designs).

IP-Lizenz- und Vertriebsverträge müssen mittelfristig an die Brexit-Folgen angepasst und nachverhandelt werden, wenn als Vertragsgebiet die Europäische Union vereinbart wurde. Nichtstun könnte sich als schweren Fehler erweisen. Ob man einen Vertrag auch so auslegen kann, dass weiterhin Großbritannien mit umfasst ist, erscheint zweifelhaft, da bis zum förmlichen Austritt ausreichend Zeit für eine Klärung verbleibt. Erst Recht muss bei Neuabschluss von Lizenz- und Vertriebsverträgen darauf geachtet werden, für die Einbeziehung von Großbritannien besondere Regelungen vorzusehen. Die Angabe als „EU-Mitgliedstaat“ wird nicht mehr genügen. Auf Staatsebene wird dieses Problem wahrscheinlich nicht geregelt, da dies der Privatautonomie unterliegt.

Zu beachten ist auch, dass es nach einem Brexit nicht mehr ausreichen dürfte, eine Unionsmarke in Großbritannien zu benutzen, es sei denn, man einigt sich dahingehend in noch zu verhandelnden Verträgen zwischen der EU und Großbritannien. Bislang ist anerkannt, dass es für den Nachweis einer ernsthaften Benutzung ausreicht, wenn eine Unionsmarke in einem größeren Mitgliedstaat wie Deutschland (BGH, Urt. v. 06.02.2013 – I ZR 106/11 – VOODOO) oder Großbritannien benutzt wird. Das kann z.B. je nach Marktverhältnissen auch nur ein regional begrenzter Bereich innerhalb eines Mitgliedstaates sein (wie z.B. für London und das Themse-Tal innerhalb GB, vgl. EuG, Urt. v. 30.01.2015 – T-278/13 - NOW). Fällt dieser Staat weg, so müssen Inhaber von Unionsmarke auch ihre Benutzungsstrategie ändern und die Benutzung auf andere Staaten ausdehnen oder verstärken.

Licht und Schatten wird es für das geplante Europäische Einheitspatent geben. Es ist wahrscheinlich, dass sich der Start des EU-Patents, der für Anfang 2017 geplant war, um einige Zeit verzögern wird. Dies ist sicher sehr ärgerlich für alle, die bereits in dieses neue Patentsystem investiert haben. Durch einen Brexit wird das EU-Patent ähnlich der Unionsmarke wahrscheinlich an Attraktivität einbüßen. Andererseits werden sich die künftigen Aktivitäten voraussichtlich mehr auf Deutschland konzentrieren. Davon könnten die deutschen Eingangsgerichte Düsseldorf, Mannheim, München und Hamburg und die deutschen Berater profitieren, wenn London als Patentgerichtsstandort wegfällt.